Aktuelles
1. Erste Praxiserfahrungen mit dem Wachstumschancengesetz
Das Wachstumschancengesetz wurde nach einem langen Gesetzgebungsverfahren Anfang 2024 verabschiedet, viele der Regelungen greifen erstmals im Jahr 2025. Ziel ist es, Investitionen zu fördern, die Liquidität von Unternehmen zu verbessern und den Mittelstand steuerlich zu entlasten.
Zentrale Maßnahmen sind hier die degressive Absetzung für Abnutzung (AfA) für bewegliche Wirtschaftsgüter für Anschaffungen ab 01.01.2025 bis 31.12.2027, die Sonderabschreibung für Klimaschutzinvestitionen insbesondere bei der E-Mobilität ab 30.06.2025 und Verbesserungen bei der Forschungszulage ab 27.03.2024. In der Praxis zeigt sich bereits, dass viele Unternehmen die neue degressive AfA aktiv nutzen, um Ersatzinvestitionen vorzuziehen. Auch im Bereich der Forschungszulage ist eine steigende Zahl an Anträgen zu verzeichnen. Unternehmen sollten prüfen, ob geplante Anschaffungen oder Modernisierungen noch in den Anwendungszeitraum der degressiven AfA fallen und ob sich eine Kombination mit Förderprogrammen wie z. B. KfW-Programmen steuerlich lohnt.
2. Auswahl an geplanten Änderungen
Aufteilung des Gesamtkaufpreises bei Immobilienkäufen
Gemäß Entwurf zu § 9b EStDV sollen künftig klare Regeln für die Aufteilung eines Gesamtkaufpreises bei bebauten Grundstücken festgelegt werden. Damit soll einheitlich bestimmt werden, welcher Anteil des Kaufpreises auf das Gebäude und welcher Anteil auf den Grund und Boden entfällt. Grundlage dafür soll die Immobilienwertermittlungsverordnung sein. Zudem wird eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die bekannte „Arbeitshilfe der Finanzverwaltung“ geschaffen, die zur vereinfachten Aufteilung herangezogen werden kann. Die neuen Regelungen sollen für Objekte gelten, die nach dem Tag der Verkündung der Verordnung erworben werden.
Steuerfreiheit von Zuschlägen für Überstunden
Laut Referentenentwurf sollen künftig Zuschläge für tatsächlich geleistete Überstunden unter folgenden Voraussetzungen steuerfrei sein: Die Steuerbefreiung gilt für Zuschläge, die zusätzlich zum Grundlohn gezahlt werden, soweit sie 25 % des Grundlohns nicht übersteigen. Nicht befreit ist die normale Lohnzahlung für die Überstunden selbst, sondern ähnlich wie bei Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschlägen ausschließlich der Zuschlag zum Arbeitslohn.
E-Sport als neuer gemeinnütziger Zweck
Ab dem 1. Januar 2026 soll E-Sport offiziell als gemeinnütziger Zweck in die Abgabenordnung aufgenommen werden. Darunter fällt der sportlich organisierte digitale Wettkampf, bei dem Reaktionsfähigkeit, Teamarbeit und strategisches Denken im Vordergrund stehen. Wichtig ist, dass der E-Sport den Grundsätzen des Jugendschutzes entspricht und keine gewaltverherrlichenden oder glücksspielähnlichen Inhalte enthält.
Erleichterungen bei der zeitnahen Mittelverwendung
Ebenfalls ab 01.01.2026 sollen gemeinnützige Organisationen mit Einnahmen bis 100.000 € (bisher 45.000 €) jährlich, keine Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung mehr erfüllen müssen.
Photovoltaikanlagen als unschädliche Tätigkeit
Der Referentenentwurf sieht ab 01.01.2026 außerdem eine Regelung vor, nach der der Betrieb von Photovoltaikanlagen durch gemeinnützige Körperschaften steuerlich unschädlich sein soll außer er stellt den Hauptzweck der Organisation dar.
Hinweis: inwieweit die Änderungen tatsächlich umgesetzt werden, wird sich die kommenden Wochen zeigen. Nach aktuellem Stand des Verfahrens bedarf es noch jeweils einer Stellungnahme im Bundesrat sowie der anschließenden Zustimmung im Bundestag und der Veröffentlichung der neuen Regelungen.
3. Zinsregelung bei freiwilligen Zahlungen zur Einkommensteuer
Nachzahlungszinsen zur Einkommensteuer nach § 233a AO sind auch dann festzusetzen, wenn der Steuerpflichtige bereits vor der Steuerfestsetzung freiwillige Zahlungen geleistet hat. Eine Korrektur dieser Zinsen erfolgt nicht automatisch, sondern im Wege eines Erlasses. Dieser richtet sich nach Tz. 70 des Anwendungserlasses zu § 233a AO, wonach Zinsen erlassen werden, die auf freiwillige Zahlungen auf volle 50 € abgerundet für volle Monate vor der Steuerfestsetzung erbracht wurden. In diesen Fällen wird die Zahlung so behandelt, als wären für diesen Zeitraum fiktive Erstattungszinsen entstanden. Endet der Zinszeitraum vor Wirksamkeit der Steuerfestsetzung, ist dieser Zeitpunkt maßgebend. Damit wird eine faire Verzinsung gewährleistet und Doppelbelastungen vermieden.
4. Steuerliche Behandlung von Familiengenossenschaften – Aufwendungen zur privaten Lebensführung der Mitglieder
In den letzten Jahren ist eine zunehmende Zahl sogenannter Familiengenossenschaften zu beobachten. Diese werden häufig gegründet, um gemeinsames Vermögen wie z. B. Immobilien oder Kapitalanlagen innerhalb der Familie zu bündeln und langfristig zu sichern. Steuerlich handelt es sich dabei grundsätzlich um eingetragene Genossenschaften, die als juristische Personen eigene Einkünfte erzielen und der Körperschaftsteuer sowie ggf. Gewerbesteuer unterliegen.
In der steuerlichen Beurteilung solcher Familiengenossenschaften ist entscheidend, ob sie tatsächlich eine unternehmerische Tätigkeit entfalten oder im Wesentlichen der privaten Vermögensverwaltung dienen. Problematisch wird es insbesondere dann, wenn die Genossenschaft Aufwendungen trägt, die der privaten Lebensführung einzelner Mitglieder zuzurechnen sind.
Nach aktueller Verwaltungsauffassung und Rechtsprechung können derartige Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben der Genossenschaft berücksichtigt werden. Sie gelten als verdeckte Gewinnausschüttungen, wenn sie den Mitgliedern einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen, der nicht auf einer marktüblichen Gegenleistung beruht. Eine Betriebsausgabe liegt nur vor, wenn ein objektiver betrieblicher Anlass besteht und die Leistung im Rahmen des satzungsmäßigen Zwecks der Genossenschaft erfolgt.
Trägt die Genossenschaft z. B. Kosten für den Unterhalt eines von einem Mitglied privat genutzten Gebäudes, eines Fahrzeugs oder von Reisen, die keinen unmittelbaren Bezug zur genossenschaftlichen Tätigkeit haben, sind diese Beträge steuerlich nicht abzugsfähig. Sie werden als Vorteilsgewährung behandelt und führen beim Mitglied zu Einkünften aus Kapitalvermögen oder bei nahestehenden Gesellschaften zu einer Einlagekorrektur auf Ebene der Genossenschaft.
Um steuerliche Risiken zu vermeiden, sollten sämtliche Leistungsbeziehungen zwischen Genossenschaft und Mitgliedern klar vertraglich geregelt und marktüblich ausgestaltet werden. Kosten, die der privaten Lebensführung zuzurechnen sind, müssen von den Mitgliedern selbst getragen oder der Genossenschaft angemessen vergütet werden. Nur so kann eine verdeckte Gewinnausschüttung und die damit verbundene steuerliche Belastung vermieden werden.
5. Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer bei Immobilien
Für vermietete Wohnimmobilien wird die Absetzung für Abnutzung (AfA) grundsätzlich mit 2 % jährlich über einen Zeitraum von 50 Jahren vorgenommen. In bestimmten Fällen kann jedoch eine tatsächlich kürzere Restnutzungsdauer geltend gemacht werden, wenn diese durch ein geeignetes Gutachten nachgewiesen wird. Eine kürzere Restnutzungsdauer führt zu einer höheren jährlichen Abschreibung und kann somit steuerlich vorteilhaft sein.
Voraussetzung ist, dass das Gutachten ausdrücklich auf die technische und wirtschaftliche Nutzungsdauer des Gebäudes eingeht. Ein bloßes Verkehrswertgutachten, das nebenbei eine Restnutzungsdauer ausweist, genügt nicht. Das Bundesministerium der Finanzen hat hierzu klargestellt, dass künftig nur Gutachten anerkannt werden sollen, die methodisch nachvollziehbar den baulichen Zustand, den Modernisierungsgrad und die tatsächliche Abnutzung des Gebäudes bewerten. Erforderlich ist eine sachverständige Beurteilung, die durch qualifizierte Gutachter erstellt wurde.
Ein derartiger Nachweis kann insbesondere bei älteren oder sanierungsbedürftigen Objekten sinnvoll sein, wenn deren technische Lebensdauer deutlich unter der gesetzlichen Regelabschreibungsdauer liegt. Wird das Gutachten vom Finanzamt anerkannt, erfolgt die Abschreibung fortan auf Basis der individuell festgestellten Restnutzungsdauer. Die Kosten des Gutachtens können in der Regel als Werbungskosten berücksichtigt werden.